Diversity-Lunch zum Thema:

„Willkommenskultur in Organisationen“

 

Willkommenskultur in Organisationen – Design Thinking zur Entwicklung von Lösungsansätzen an der Hochschule Bremen
Was muss sich ändern, damit sich Menschen, die auf Grund von bestimmten Diversitätsmerkmalen Ausgrenzung erfahren haben, in Unternehmen und Organisationen angesprochen und willkommen fühlen? Das war das Thema des Diversity-Lunchs des Zentrums für Interkulturelles Management & Diversity der Hochschule Bremen (HSB) und der Trägergemeinschaft des Bremer Diversity Preises. Die Design Thinking Veranstaltung fand am Dienstag, 28. Mai 2024, dem 12. Deutschen Diversity-Tag, von 11 bis 14.30 Uhr an der HSB statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Carola Spiecker-Lampe, der Wissenschaftlichen Leiterin des Zentrums für Interkulturelles Management & Diversity (ZIM).

„Wir möchten uns der Herausforderung stellen, die Willkommenskultur in Bremer Unternehmen und Organisationen neu zu denken“, sagt Prof. Dr. Carola Spiecker-Lampe. Zusammen mit Dr. Lisa Heindl, Dr. Katrin Oellerich vom FreiRAUM@HSB Transfer und Gründungsservice (Referat 07 – Forschung und Transfer der HSB) sowie Katrin Nissel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Interkulturelles Management & Diversity, nutzte die Hochschullehrerin die kreativen Möglichkeiten des Design Thinkings mit den Teilnehmenden, um Ideen für eine Umgebung zu schaffen, die für alle Mitarbeiter:innen einladend und unterstützend ist. Dr. Sabina Schoefer, Konrektorin für Digitalisierung, Change Management und Diversity, leitete den Design Thinking Prozess mit einem Impulsvortrag ein.

Design Thinking zur Entwicklung von Lösungen

Eine Frage an den jungen Mann mit mobilen Einschränkungen lautete: „Wie sieht Dein Arbeitsplatz aus?“ Die Antwort: „Ohne Fahrstuhl.“ Als Lösungsprototypen entwickelte das Team am Tisch des jungen Mannes nicht einfach nur ein Fahrstuhlmodell aus Lego, sondern eine symbolische Treppe, auf der Stufe für Stufe Achtsamkeit vermittelt und eine Checkliste erstellt wird, um seine Bedingungen zu verbessern. Vorgeschlagen wurde beispielsweise einen Achtsamkeits-Walk im Unternehmen ein- und durchzuführen.

Perspektiven wechseln und eine Reflexionskultur etablieren

Die Interviewpartnerin mit Herausforderungen wegen des Merkmals Religionszugehörigkeit äußerte ihren Unmut darüber, dass sie oft wegen ihres Kopftuchs, das sie als Zeichen der individuellen Religionsausübung trägt, willkürlich angesprochen werde. In einem Rollenspiel, das einen Lösungsansatz vorstellte, wurde deutlich gemacht, dass wir weg von der Reduktion auf ein Merkmal müssen, dass wir das Bewusstsein der Gesellschaft stärken, Perspektiven wechseln und eine Reflexionskultur etablieren sollten, die die innere Vielfalt sichtbar macht. Im Unternehmenskontext bedeutet das beispielsweise keine Fotos mehr in Bewerbungen.

Politisches Bewusstsein etablieren und provozieren

Mit einem gemalten Bild als Lösungsprototyp wurde den Herausforderungen der jungen, in der männlich geprägten Arbeitswelt unterschätzten Frau begegnet. Damit ihr auf Grund des Alters und Geschlechts keine Kompetenzen abgesprochen werden, sollten Geldgeber:innen und Investor:innen diverser aufgestellt werden.

Der Rechtfertigung wegen homosexueller Orientierung wurde in einem Bild entgegengestellt, dass eine Lösung sei, ein politisches Bewusstsein zu entwickeln und zu provozieren. Abgeleitet für Unternehmen hieße das, herauszufinden, wie sich Personen unterschiedlicher sexueller Orientierung fühlen, was sie brauchen, um nicht immer dasselbe gefragt zu werden.
Eine mögliche Antwort auf Herausforderungen wegen ‚race‘, wegen des Schwarz Seins, lautete im Team um eine junge Afro-Brasilianerin, Beratungen in Firmen proaktiv zu unterstützen, um automatische Aussonderungen zu vermeiden.
Auf die Herausforderungen wegen kultureller Herkunft reagierte das Team um die Interviewpartnerin mit indischer Zuwanderungsgeschichte mit einem Rollenspiel, in dem die Bedeutung von gemeinsamen Unternehmungen klar wurde, um Menschen zum Bleiben zu bewegen. So können beispielsweise ein gemeinsames Essen in der Kantine oder die Einrichtung einer gemeinsamen Whats-App-Gruppe das Zugehörigkeitsgefühl verstärken. Zudem sei der Satz „when are you going back home?“ aus dem Repertoire zu streichen.

Design Thinking Prozess

Gemeinsam mit Vertreter:innen verschiedener Bremer Firmen und Organisationen wurden auf Basis der Erfahrungen und Erzählungen von sechs Interviewpartner:innen, Ressource-Personen, die Herausforderungen auf Grund von „jung, Frau, unterschätzt“ in einem männlich dominierten Bereich, auf Grund von kultureller Herkunft, auf Grund von Homosexualität, auf Grund von Schwarz Sein, auf Grund von eingeschränkter Mobilität und auf Grund ihrer Zugehörigkeit zum Islam erlebten, konkrete Probleme im Bereich der Willkommenskultur identifiziert und innovative Lösungen entwickelt. Ziel war es, einen Beitrag zum Kulturwandel in Unternehmen zu leisten, und dazu beizutragen, dass sich neue Mitarbeiter:innen willkommen und wertgeschätzt fühlen.

Sich auf ungewohnte Situationen einlassen

Beim Design Thinking sind gutes Zuhören, Fragen stellen, Mitschreiben und vor allem sich auf ungewohnte Situationen einzustellen wichtige Elemente. Gerade Empathie und ein Perspektivwechsel sind unerlässliche Faktoren für einen erfolgreichen Design Thinking Prozess und letztendlich für ein Mindset, das Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion, sexueller Orientierung etc. willkommen heißt.
Nach der Einführung in die Methode „Design Thinking“ teilten die Ressource-Personen ihre persönlichen Erfahrungen mit ihrer Arbeitsgruppe. Dabei fokussierten sie die größten Herausforderungen im Unternehmen / in der Organisation und schilderten Situationen, in denen sie sich nicht willkommen gefühlt, die sie belastet haben.

Bauen mit Legosteinen, malen und schauspielern

Die Offenheit und Ehrlichkeit der Interviewpartner:innen waren entscheidend, damit die Arbeitsgruppen ein Verständnis für die bestehenden Probleme entwickeln konnten. Basierend auf den Erzählungen identifizierten die Arbeitsgruppen spezifische Probleme und entwickelten Lösungsansätze, die den Ressource-Personen vorgestellt und von diesen kommentiert wurden. Für die Darstellung der Lösungsansätze im Plenum gab es drei Formate: Bauen mit Legosteinen, Malen auf großem Blatt, Schauspielern. Alle Möglichkeiten wurden von den Teilnehmer:innen genutzt.

Von Links nach Rechts: Lisa Heindl, Katrin Oellerich, Carola Spiecker-Lampe, Katrin Nissel
Foto: Benedict Thiew

Von Links nach Rechts: Usanie Dennerlein, Jermaine Greene
Foto: Benedict Thiew